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250 Mio. oder 350 Mio. Jahre? Wo ist da ein Unterschied?

Es gibt Menschen, die ziemlich genau wissen, worin der Unterschied besteht. Für mich ist es ein grosses Rätsel. Das sind die Gedanken, wenn ich auf einem Steinhaufen sitze und auf der anderen Seite des Tals auf 2293 m etwas weltweit Einzigartiges bestaunen kann. Und das nur wenige Kilometer und nur 30 Minuten Fahrzeit von Zürich entfernt, selbst in China hat es so etwas nicht: die Tektonikarena Sardona.

Sagenhaft, nicht schon wieder einer dieser unzähligen Schweizer Steinhaufen, nein! Hier türmen sich 350 Mio. alte Gesteinsschichten, die wir viel eher im tiefsten Inneren der Erde vermuten würden, als Spitze oberhalb einer weissen Linie/Platte über wesentlich jüngerem Gestein auf. 

Wie das kommt? Der Grund ist ein monströses Über- und Durcheinander, während die afrikanische und die eurasische Kontinentalplatten aufeinander krachten. Es stimmt also nicht, dass die Alpen durch eine Auffaltung entstanden sind, nein, es hat sich alles wesentlich chaotischer abgespielt.  

 

Vielen Dank an Esther, die uns an so schweren Stoff ganz leichtfüssig und Schritt für Schritt herangeführt hat. Am Morgen trafen wir uns zu fünft an der Talstation Luftseilbahn „Kies-Mettmen“ und es gesellten sich noch zwei kleine Vierbeiner zur Wandergruppe dazu. Die Fahrt zur Talstation Luftseilbahn „Kies Mettmen“  hat den typischen Charakter abgeschiedener Schweizer Bergsträsschen, die nur Ortskundige finden und auf denen sicher keine Reisebusse, aber immerhin für den zusätzlichen Kitzel bei der Anfahrt Postbusse anzutreffen sind.

     

Dort konnten wir uns in einem Lagerraum umziehen und die Motorradkleidung deponieren und zur Auffahrt an den Stausee Garichti auf 1622 m starten. Nach kurzer Einführung und Vorstellungsrunde bei einem Milchkaffee im Naturfründehuus Mettmen ging es dann schon direkt richtig los. Vierbeinige Schnupperli sind immer herzlich willkommen, doch leider mussten wir sie nach dem ersten Anstieg wieder verabschieden, da es ihnen doch zu warm wurde und die Anstrengung bis zum Gipfel zügigen Schrittes in schönster Sonne ganz schattenfrei vielleicht den Infarkt bedeutet hätte. 

Als Zweibeinerin hat frau da leider nicht das Argument auf seiner Seite und betreibt sportliche Höchstleistungen im Schwung der kleinen Gruppe. Göttin sei Dank konnten wir immer wieder etwas Luft schnappen, während Esther uns anhand bildhafter Beschreibungen die Unselbstverständlichkeit von Geflechten oder Farben von Steinen erklärte. Doch ohne Lampen und mit laufenden Uhren blieb uns in Anbetracht der sich herbstlich verkürzenden Tage nichts anderes übrig, als zu versuchen, die Zeit, die wir in der Gruppenleistungsorientierungsphase verstreichen sahen, knackig aufzuholen. Zum Glück hatten wir tatsächlich alle die von Esther empfohlene Wasser-und-Brot-Ration eingepackt, denn an Einkehr war nicht zu denken.

Wenigstens gab es kurz vor Toresschluss noch ein kühles Getränk an der Alp kurz unterhalb der Chärfbrugg. Aber es war auch einfach wunderschön.

War frau einmal an den Kletterübungsfelsen vorbei, bleibt sie auf der Strecke grösstenteils für sich und trifft im Schatten des eigenen Schrittmachers nur noch Menschen mit dicken Büchern oder Neugeborenen im Gepäck, ehrlich, keine Jeckerei.

So ist das, wenn keine Bahn, sondern nur Steigung, Steine und ein Unesco-Weltkulturerbe auf einen warten. Da pfeift das Murmeltier auch einmal kräftig von oben und ich fühl mich geschmeichelt, dampfend vor Anstrengung ihm gegenüber noch wenigstens einen gefährlichen Eindruck zu machen.

Wenn ein Murmeltier einmal laut pfeift, heisst das, es droht Gefahr von oben und dreimal pfeifen bedeutet Gefahr von unten. Im wahrsten Sinne zum Piepen, auch das wusste ich nicht. Wann diese schönen Tiere wohl damit anfingen, das für sich so festzulegen? Adler, da reicht nur ein Piep und dann nix wie weg und so lahme Enten von unten, da können wir noch ein bisschen vor uns genau dreimal hinpiepen?

Dabei lief eine grosse Gruppe Wildgemsen unter uns entlang, etwa dreissig Tiere stürmten als kleine Punkte lange sichtbar über die Hänge davon. Sie zeigten noch einmal, wie Perspektive und Grösse das vor einem zu sehende Gebirge in ein Verhältnis setzen, das die Betrachterin dabei entlarvt, nicht direkt bemerkt zu haben, wie gross etwas ist. Nach den wunderschönen Erlebnissen und nur einer Limonade unterwegs hielten wir auf dem Heimweg noch mit knurrendem Magen im Glarus an. Hier konnten wir dann noch etwas über kuk und die Touren im Allgemeinen bei feinem Essen schwatzen und danach im lauen Spätsommerabend mit Abendrot nach Hause brummen.

Vielen Dank an Esther für diese aussergewöhnliche Tour!